Das Mietrechtsänderungsgesetz ist seit kurzem in Kraft. Über die zu erwartenden Auswirkungen sprach das BundesBauBlatt mit Sabine Degen, Justiziarin des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e. V. (BBU).
Frau Degen, welches sind die Kernpunkte des Mietrechtsänderungsgesetzes (MietRÄndG)?
Bezogen auf die Wohnungsunternehmen sind die Kernpunkte im BGB im Wesentlichen der begrenzte Mietminderungsausschluss, die Neuregelung bei den Härtefallgründen und das Wärmecontracting. In der ZPO sind es die Berliner Räumung und die erleichterte Räumung von unbekannten Untermietern.
Beim Mietminderungsausschluss geht es darum, dass der Mieter bei der Durchführung einer energetischen Modernisierung die Miete drei Monate lang nicht mindern darf. Oder anders gesagt: Führt das Wohnungsunternehmen eine energetische Modernisierung durch, hat der Mieter eine Duldungspflicht von drei Monaten.
Die Neuregelung der Härtefallgründe legt fest, dass der Mieter einen wirtschaftlichen Härtefall erst im Rahmen der Mieterhöhung nach der durchgeführten Modernisierung geltend machen kann. Bisher konnte er dies bereits bei der Modernisierungsankündigung mit der Folge, dass Unternehmen geplante Modernisierungen deswegen nicht durchführen konnten und es zu Verzögerungen kam.
Das Wärmecontracting erlaubt dem Wohnungsunternehmen die Lieferung von Warmwasser und Heizung von Eigenversorgung auf Fremdversorgung durch einen gewerblichen Wärmelieferanten unter bestimmten Bedingungen umzustellen. Diese Regelung tritt allerdings erst zum 1. Juli 2013 in Kraft.
Ist das Ziel, das Contracting für die Mieter kostenneutral zu realisieren, erreichbar?
Die Kostenneutralität bereits zu Beginn der Umstellung auf gewerbliche Lieferung ist praxisfern. Deshalb wird es auch dazu führen, dass das Contracting ad absurdum geführt wird und von den Unternehmen nur in geringem Umfang durchgeführt wird. Nach der bisherigen Regelung und der BGH-Rechtsprechung ist Contracting ohne den Nachweis der Kostenneutralität möglich.
Die Regelung zum Contracting steht in direktem Zusammenhang mit der Wärmelieferverordnung, die ebenfalls zum 1. Juli 2013 in Kraft treten soll, bislang aber lediglich im Entwurf vorliegt.
Wo sehen Sie Schwächen des MietRÄndG?
Unserer Meinung nach wird das Ziel nicht erreicht wird, Anreize für die Wohnungswirtschaft zu schaffen, ihren Bestand energetisch auf den neuesten Stand zu bringen. Es fehlen klare Regelungen. Die Schwächen bestehen darin, dass die Regelungen sehr unbestimmt und nicht zielführend formuliert sind. Beim Mietminderungsausschluss muss man unterscheiden, ob es sich um eine rein energetische Modernisierung oder eine energetische Modernisierung in Kombination mit anderen Modernisierungsmaßnahmen handelt. Das ist streitanfällig. Das Wohnungsunternehmen muss beweisen, dass es sich um eine rein energetische Maßnahme handelt und der Mieter deshalb nicht mindern darf. Der Mieter hingegen wird einwenden, die Modernisierung sei mit anderen Maßnahmen kombiniert und der Schwerpunkt läge auf den nichtenergetischen Maßnahmen.
Es ist auch nicht klar geregelt, ob ein Unternehmen eine energetische Modernisierung nur einmal durchführen und den Minderungsausschluss gegenüber dem Mieter nur einmal geltend machen kann. Was ist, wenn das Wohnungsunternehmen eine zweite Maßnahme umsetzen will? Kann es dann noch einmal den Mietminderungsausschluss durchsetzen?
Und was ist, wenn die Maßnahme gestreckt oder beispielsweise nach zwei Monaten wegen des Wetters ausgesetzt und später wieder fortgesetzt wird? Gilt bei Fortführung der Maßnahme dann nochmals für einen weiteren Monat, also dem dritten Monat, auch der Minderungsausschluss?
Was empfehlen Sie Ihren Mitgliedern?
Empfehlungen sind derzeit schwierig, da vieles ungeklärt ist. Wir haben Auslegungen, wie wir die Gesetzesänderung – auch anhand der Begründungen – interpretieren. Danach kann der Minderungsausschluss wohl nicht gestreckt werden. Letztendlich werden die Gerichte die Klärung für diese Fragen bringen müssen.
Welche Erleichterungen hält das MietRÄndG bereit?
Bei der Modernisierungsankündigung und auch bei der anschließenden Mieterhöhung können die Wohnungsunternehmen zum Nachweis der Energieeinsparung auf Pauschalwerte zurückgreifen. Vorher mussten umfangreiche und kostspielige Gutachten eingeholt werden, um die Energieeffizienz zu belegen.
Bei der jetzt aufgenommenen gesetzlichen Regelung zur, von der Rechtsprechung des BGH entwickelten „Berliner Räumung“, hat der Vermieter die Möglichkeit, den Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher auf die Herausgabe der Wohnung zu beschränken. An dem Mobiliar des Mieters muss der Vermieter in diesem Fall kein Vermieterpfandrecht geltend machen. Dies stellt eine Erleichterung zum bisherigen Recht dar. Für die Räumungsverfügung gegen Dritte, also die dem Wohnungsunternehmen unbekannten Untermieter, gibt das MietRÄndG jetzt die Möglichkeit, gegen diese Personen einen Räumungstitel im Wege der einstweiligen Verfügung zu beantragen. Auch dies ist eine Verbesserung für die Vermieterseite.
Worauf sollten die Wohnungsunternehmen ganz besonders achten?
Auf die Einhaltung von Fristen und Formalien bei der Modernisierungsankündigung. Eine nicht ordnungsgemäße Modernisierungsankündigung führt dazu, dass die anschließende Mieterhöhung erst um sechs Monate verzögert geltend gemacht werden kann.
Außerdem sollte auch die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, mit den Mietern Vereinbarungen zu treffen, um gewisse Procedere abkürzen zu können. Dies gilt beispielsweise für die Ankündigungsfristen von drei Monaten. Das Gesetz lässt Abkürzungen im Rahmen von einzelvertraglichen Vereinbarungen zu.
Der BBU
Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e. V. hat 360 Mitglieder, die 1,1 Mio. Wohnungen verwalten. Das sind 40 % des Wohnungsbestandes in Berlin und 50 % im Land Brandenburg. Die Mitgliedsunternehmen verzeichnen einen jährlichen Umsatz von etwa 4,6 Mrd. € und investieren pro Jahr rund ca. 1,4 Mrd. € in Bestands- und Neubauten.